Vorfälle in der HIM-Sonderabfallverbrennungsanlage

06.01.2021

Wir setzen uns für ein Aufklärung der Vorfälle in der Sonderabfallverbrennungsanlage ein. Dazu haben wir folgenden Antrag in der Stadtverordnetenversammlung eingebracht.

Antrag zur Stadtverordnetenversammlung:

Technische Vorfälle in der HIM-Sonderabfallverbrennungsanlage (SAV)

Hier: Antrag der FDP-Fraktion zu den Berichten von der Geschäftsleitung und dem Umweltbeirat der HIM

Nach Auswertung der o.a. Berichte des Umweltbeirats und der Geschäftsleitung der HIM vom 27.01.2020, 30.11.2020 und 29.011.2019, sowie der Ergebnisse der Gespräche in den Gremien ergeben sich folgende Fragen und Szenarien, die der Magistrat beantworten bzw. soweit wie möglich kommentieren möge.

Ergänzt werden sollte die Antwort durch die Stellungnahme zu dem geplanten Bau von zwei 80.000 Ltr. Sonderabfalltanks bei der HIM, zu der die Stadt -wie andere Kommunen auch- vom Regierungspräsidenten aufgefordert wurde bzw. werden wird.

  1. War die Quecksilberfreisetzung Anfang September 2019 ein Störfall oder nicht? In Absatz 3 des Berichtes des Umweltbeirates HIM vom 30.11.2020 wird von einer intern festgestellten Überschreitung der Quecksilberemissionen gesprochen, bei der es sich nicht um einen Störfall im Sinne der Störfallverordnung gehandelt haben soll. Gleichwohl sah sich die Eigenüberwachung der HIM aufgefordert, diesen Vorfall nach § 23 der Bundesemissionsschutzverordnung den zuständigen Überwachungsbehörden zu melden. Ob es sich um einen Widerspruch in sich handelt, ist zu klären, wo denn die Grenzen zu einem Störfallliegen und welche Abgaswerte an den 5 aufeinanderfolgenden Tagen der Verbrennung verzeichnet wurden.
  2. Wenn es sich um keinen Störfall handelte, ist folgendes zu klären: Warum wurde ein externer Gutachter mit der Untersuchung des Vorfalls beauftragt, und kann dieser Bericht der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden? Gleiches sollte für das Untersuchungsergebnis des Regierungspräsidiums Darmstadt gelten.
  3. In der Zusammenfassung zu diesem Vorfall wird von einer 100-stündigen Verbrennung der quecksilberhalten Abfälle gesprochen. Es ist zu klären, ob in diesen 100 Stunden ausschließlich der besagte quecksilberhaltige Müll verbrannt wurde, oder dieser mit anderem Müll vermischt wurde.
  4. Den Berichten zufolge wurde der das Sachverständigenbüro IMA von der HIM beauftragt, den Vorfall im September 2020 zu untersuchen und zu dokumentieren. Dabei berichtet das Büro IMA auf Nachfrage von Herrn Weinmann von der Unbedenklichkeit der bei dem Vorfall freigesetzten Quecksilbermenge und spricht von einem Anstieg von nur 9% der erlaubten Menge in Wohngebieten, wenn die Verbrennung das ganze Jahr über erfolgt worden wäre und bei Ackerflächen läge der Wert dann aber um das 10fache höher. Bitte um Erklärungen!
  5. Als Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Vorfalls wurden seitens der HIM folgende Maßnahmen eingeleitet:
    1. Anlieferung sämtlicher quecksilberhaltiger Abfälle in Gebinden in der Niederlassung Frankfurt. Dort erfolgt eine Vorsortierung in alternative Entsorgungswege.
    2. Verstärkte Eingangskontrolle bei Gebinden.
    3. Verschärfung der vertraglichen Regelungen mit den Kunden.
    4. Zusätzliche Schulungen zum Umgang mit Quecksilber bei den Kunden.
    5. Weitere Anlagenversuche, um die Rauchgasreinigung noch zu verbessern.
  6. Abgesehen von der nicht genauen Bezeichnung des Begriffs „Gebinde“ ergeben sich daraus folgende Fragen:
    1. Die Einhaltung des ersten Spiegelstrichs setzt voraus, das dem Anlieferer bekannt ist, dass sich in dem angelieferten Gut Quecksilber befindet oder nicht und in welcher Menge (Laboranalyse). Kann es sein, dass nach der Sortierung bzw. Laboruntersuchung in Frankfurt der Müll unabhängig vom Ergebnis wieder nach Gernsheim zur Verbrennung geht?
    2. Beim zweiten Spiegelstrich geht man wohl davon aus, dass allgemein die Eingangskontrolle in der HIM in Gernsheim erfolgen soll. Wie soll das geschehen und gibt es einen Schnelltest? Werden Proben verlangt, die über eine bestimmte Zeit archiviert werden und gibt es in diesem Zusammenhang Laboruntersuchungen?
    3. Beim letzten Spiegelstrich spricht man von Anlagenversuchen zur Verbesserung der Rauchgasgasentwicklung. Geschieht das auch in Gernsheim und im Rahmen des allgemeinen Betriebes und nicht in Laboren bzw. Technikum-Anlagen?
  7. Es ist zu bezweifeln, dass mit diesen Maßnahmen derartige Pannen zukünftig vermieden werden können, denn es ließ sich beim dem Vorfall 2019 noch nicht einmal feststellen, welche Firma den besagten Müll .unkontrolliert“ hat abladen können. Auch ist zu vermuten, dass bei den 100 Stunden der Verbrennung allein nach dem Gehalt von Quecksilber in den Abgasen gefahren wurde, um eine Überschreitung von Spitzenwerten zu vermeiden und der Müll entsorgt wurde. Kann es sein, dass ein Störfall vorgelegen hätte, wenn alles auf einmal verbrannt worden wäre und nicht in 100 Stunden? Da der LKW-Verkehr im Werk offensichtlich ohne besondere Kontrollen stattfindet, ist zu vermuten, dass darin eine Ursache des Unglücks zu suchen ist. Auch das Unglück am 28.05.2020, bei dem ein Kipplader in Flammen geriet, als er nicht deklarierten Abfall ablud, der sich bei diesem Vorgang entzündete, unterstreicht die Vermutung, dass der Autoverkehr im HIM Werk nicht ausreichend gesteuert wird.
  8. Die durchgeführte Verbrennung in 2019, bei der von 60 Kg Quecksilber 0,4 Kg in die Abluft gingen, verdient eine nähere Betrachtung und es stellt sich in diesem Zusammenhang Frage, was denn mit den übrigen 59,6 Kg Quecksilber geschah. Gingen diese zurück in die Rohstoffverwertung oder wurde es in Sonderlagen deponiert? Dies kann nur beurteilt werden, wenn das Verfahren der Entsorgung bzw. der Rückgewinnung bekannt ist und die bei dem entsprechenden Verfahren aufgezeichneten Messwerte und Aufzeichnungen vorliegen und ausgewertet werden können.

Inwieweit die mit der Betriebsgenehmigung verbundenen Auflagen wie z.B. Umweltschutzbedingungen, Sicherheitsbestimmungen usw. eingehalten worden sind oder nicht, kann nur nach Einsicht in die entsprechenden Unterlagen festgestellt werden. Diesbezüglich erschwerend hinzu kommen noch die unterschiedlichen Kompetenzen z.B. bei den Baugenehmigungen zwischen Kreis und RP.

        Ulrich Kummetat